Punta Tersiva  3'513m

Die Punta Tersiva steht im Aostatal. Das Tal ist inzwischen schon fast meine zweite Heimat geworden......

Der Berg wird in der Literatur als "beinahe" Wanderdreitausender beschrieben (T3+). Im Hochsommer, wenn nirgends Schnee liegt könnte man das so sagen. 

Auf 2'850m steht das kleine Bivacco Muggia mit 10 Schlafplätzen. Idealer Ausgangspunkt um die lange Unternehmung angenehm zu gestalten. Ich vermutete, dass im Sommer dort wohl viel los ist und mir graute auch vor einem vollbesetzten Biwak zu stehen. Darum wählte ich den Frühling wo bestimmt kaum jemand dort sein würde. 

 

Start ist Gimillan oberhalb von Cogne. Hier stehen auch schöne Wegweiser die alles bestens beschildern mit Zeitangaben. Bis Grauson Inferior ist der Weg frühlingshaft und trocken. Man kann auf beiden Talseiten wandern. Die Westseite wies noch etwas Schnee auf, was etwas unangenehm war. 

Ab der kleinen Häuseransammlung wurde es winterlich und ich fand eine geschlossene Schneedecke vor. Obwohl ich die Schneeschuhe bei mir hatte, kam ich zu Fuss ganz gut vorwärts. Der Schnee war noch angenehm fest. Das Gelände ist weit und offen und ziemlich kupiert. Die Wegweiser oder Markierungen waren noch nicht sichtbar und so wusste ich manchmal nicht so recht, ob ich mich mehr links oder rechts halten soll. Nur das GPS bestätigte mir, dass ich auf dem richtigen "Weg" bin. 

Nach fünf Stunden erreichte ich ziemlich müde das Biwak. Ich kochte mir eine Suppe und legte mich etwas schlafen. Um 18h stand ich auf und dachte mir, dass ich vielleicht einen Punkt finde, wo ein Handyempfang möglich ist um meiner Frau zu bestätigen, dass es mir gut geht. Ich stieg nordwärts den Hang hinauf und studierte die Karte. Nur 250HM über mir musste ein Gipfel sein. Feiner Schutt und ein Schneefeld lockten mich, aber es war auch ziemlich steil. Der Schutt war unglaublich mühsam. Jeder gewonnene Schritt wurde durch das rutschende Geröll wieder vernichtet. Irgendwann erreichte ich das Schneefeld und kam besser vorwärts. So stand ich schliesslich um halb acht auf der Punta Gianni 3'148m und hatte Handyempfang :-)) Mit beidem hatte ich bei der Planung nicht gerechnet.

Der Abstieg gestaltete sich surfend in unglaublicher Geschwindigkeit. In wenigen Minuten stand ich am Fusse des Hanges und staunte, wie ich noch eben dort oben stand. 

Zurück im Biwak richtete ich es mir gemütlich ein und verbrachte eine stille und sternenklare Nacht. 

 

Der frühe Morgen war wolkenlos und der Schnee fest gefroren. Ideale Voraussetzungen. Ich benutzte nun die Schneeschuhe, denn die Metallkrallen ersetzten mir die Steigeisen. Bis unter den Sattel kam ich recht gut vorwärts. Nun galt es 150HM zum Sattel aufzusteigen. Dieser Hang ist 36° steil und da war ein Pickel in der Hand doch ziemlich beruhigend. Es ist ein Kraftakt, aber mit stetig kleinen Schritten gelang mir das gut. Im Sattel angekommen begrüsste mich die Sonne und auch ein kalter Wind. Nun kommt noch der breite Nordgrat der jetzt aber pulverig weich war. Hier musste ich teilweise wühlen und verbrauchte Zeit und Kraft. Aber dann hatte ich es geschafft und stand atem- und spachlos auf dem Gipfel. Welch eine Aussicht!

Der Abstieg war mit der nötigen Konzentration nicht schwierig. Der Steilhang ging in die Beine, aber das spürt man erst später ;-) Danach kam der lange Rückmarsch. Wieder war ich zu Fuss ohne die Schneeschuhe schneller auf dem festen Schnee. Zum Schluss wurde es sehr warm und ich füllte meine Trinkflasche in den sprudelnden Bächen dankbar auf.....

 

Ich freue mich sehr, dass ich diesen imposanten Berg alleine im Frühling besteigen konnte.

Die einsame Biwaknacht und die Herausforderung am Berg waren für mich genau das Richtige. Ich wurde mit einem unglaublich schönen Gipfelerlebnis belohnt. 

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Kommentare: 1
  • #1

    Nicole und Marcel (Montag, 01 Mai 2017 08:42)

    Wunderbar!!

    Herzlichst,
    Nicole und Marcel